Koffer packen

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich hasse es. Das Koffer packen. Ich glaube der liebe Gott hat das Koffer packen erfunden, um Menschen wie mich zu strafen.

Die Strafe fängt schon mit der Frage an, welchen Koffer nimmt man mit. Insbesondere stellt sich das als Herausforderung heraus, wenn man keinen Koffer besitzt, oder wenn doch, sich dieser zwecks besserer Lagerungsmöglichkeit im 150 km entfernten Elternhaus befindet. Aber wozu hat man schließlich als preisbewusster Mann beim letzten ALDI Einkauf die hervorragend günstige Sporttasche für 10 € voller Stolz erstanden. In dem tiefen Bewusstsein eine Lebensanschaffung getätigt zu haben, die sich schon nach der ersten Reise amortisiert hat. Ehrlich, solche Modelle kosten doch normalerweise das Vier- bis Fünffache. Insbesondere eignet sich eine solche einfache Sporttasche deshalb so gut für’s Verreisen, weil sie nicht durch eine Vielzahl großer und kleiner Einzelfächer, die Vorstellungs- und Wegräumkapazität eines normalen Mannes übersteigt. Einfach alles oben in die Öffnung reinstecken und sich wohl fühlen. Praktisch, oder?

Doch ganz so einfach ist das mit dem Koffer packen doch nicht. Vor das Packen hat der liebe Gott nämlich die Entscheidung gestellt. Die Entscheidung des „Was ?“.  Was soll ich eigentlich einpacken?  

Vor ein paar Jahren, war diese Frage noch relativ einfach zu beantworten. Für einen 1 wöchigen Bade-Urlaub:

  • 1 Badehose –na gut dann eben 2 zum Wechseln, oder falls sich einer der Schnürbändel schmollend in den Hosenbund zurückgezogen hat
  • 3 T-Shirts, 3 Unterhosen
  • 2 Shorts
  • 1 Jeans für an und Abreise
  • 1 Schwarze Hose, falls es doch mal schick sein muss.
  • vielleicht ein paar Socken
  • Toilettenbeutel – fertig

Heute, oder besser seit ich mit meinem Schatz zusammen bin,  ist diese Frage jedoch gleich einem unlösbaren Rätsel geworden. Denn egal, was für mich eine noch so ausreichende Zusammenstellung wäre, so findet diese nicht die Zustimmung der Chefin.

Was macht „Mann“ nach zwei solcher Erfahrungen – Richtig, er delegiert. „Schatzi. Dann such Du doch raus, was ich mitnehmen soll.“

Leider entscheidet Chefin dann auch und das Rätsel des „Auswählens“ hat sich in die unlösbare Aufgabe des „Verpackens“ verwandelt. Denn „Mann“ muss schließlich zum Outfit der Chefin passen. Wie die rote Handtasche zum roten Kleid. Analog liegen nun statt der eben aufgeführten effektiven Reisezusammenstellung plötzlich eine Vielzahl an Kleidungsstücken auf dem Bett gestapelt, die da darauf warten, gepackt zu werden. Aber alle Männer, die vor einem ähnlich unlösbaren Problem stehen werden, seien beruhigt: Es ist schier unfassbar,  wie viele Strümpfe, Hemden,  T-Shirts und Hosen  in eine 10 € Highquality Sporttasche passen. Gut, beim Schließen reißt mir dann der Reißverschluss, aber mein Gott, das sind nun wirklich Kleinigkeiten. Verluste hat man immer.  Voller Stolz und der Gewissheit mein heutiges Tagewerk mit einer gehörigen Portion an Eigeninitiative, Mut und Kreativität vollbracht zu haben, trotte ich ins Bad,  um meiner Liebsten meinen Erfolg und das Ende des Packens mitzuteilen. Als diese ins Schlafzimmer geht, um mein Meisterwerk zu bewundern, höre ich nur einen entsetzten Schrei: „ Du hast doch nicht alles in die Sporttasche gepackt?“ In solchen Momenten gilt es kühlen Kopf zu bewahren. Einfache Antworten wie „Doch, hab ich“ sind zwar nüchtern betrachtet die korrekte und wahrheitsgemäße Antwort, aber für den Familienfrieden genauso tauglich, wie das Angaffen einer attraktiven Blondine auf der Überholspur im Stau, wenn Schatzi neben Dir sitzt.
(Hinweis: Wenn Sie nicht neben dir sitzt, spricht nichts dagegen neben den Blicken noch ein umwerfendes Lächeln hinterherzuschicken, auch wenn dieses in der Regel durch einen aufstrebenden Mittelfinger beantwortet wird.)   

Als Antwort empfehle ich daher eher etwas, das auf das eigene Unvermögen verweist, wie in meinem Fall: „Ich habe keine andere Tasche gefunden!“ Chefin regt sich auf, zetert, schimpft „Wofür bügel ich eigentlich?“, und ich trete den Rückzug an. Man muss einfach wissen, wann in einem Raum die Luft zu dick wird. Nachgeben heißt dann die Devise. Denn am Ende zählt doch das Ergebnis, das sich mit den Worten von Schatzi manifestiert. „Geh mir aus den Augen. Ich pack’s selber!“ Bleibt die Frage: „Wo konnte Sie so schnell einen weiteren Koffer auftreiben?“ Diese Frage kann man – muss man sich aber nicht stellen, während man gemütlich und entspannt auf der Couch liegt und die neueste Folge von „The Walking Dead“ anschaut. Die andauernden Flüche und Trennungsschwüre, die aus dem Schlafzimmer dringen und den Fernsehgenuss beeinträchtigen, sind leicht zu ertragen. Wozu gibt’s schließlich Kopfhörer.

4 Kommentare

  1. Hallo Jörg, ist echt genau mein Ding. Du solltest Dir überlegen ob Du das nicht in einem öffentlichen Videochat vorstellen willst. Ich finde es allerdings jetzt schon genial. Bin sehr gespannt auf die Fortsetzung….. ich wünsch Dir von ganzem Herzen ❤ viel Erfolg uns ich werde es auf jeden Fall weiterempfehlen
    Ps: das mit den beidseitig getragenen Unterhosen würde ich nicht reingehen ist eine alte Kamelle, da fällt Dir sicher ein besserer BOTTLER dazu ein.
    LG Tina

  2. Kuckucks! 😊 Ganz aus dem Leben gegriffen. Freue mich auf die Fortsetzung. Wenn das Rätsel das passende s bekommt erfreut es mein Auge 😊👍👍👍👍… Schön von dir zu lesen. Das könnte ein toller Urlaubsschmöker werden… Falls du mal Koffernot hast kann ich aushelfen 😂. Weiter so, und Grüße aus der Heimat.

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