Badevorbereitung

„Creme bitte Noah ein. Ich will nicht, dass er gleich am ersten Tag einen Sonnenbrand hat!“.  Ja klar, muss ich wieder ran. Weil ich das so mag, wenn nach dem Cremen noch die ganze Pampe zwischen den Fingern klebt und man sich fragt, wie das Zeug jemals wieder verschwinden soll. Allerdings hat das Ganze auch etwas für sich. Der Moment des Aufschreis, wenn man eine von einer Klimaanlage gut vorgekühlte Sprüh-Sonnencreme auf den blanken Rücken seines Sohnes sprüht. „Ah Papa, was soll das!“, lamentiert dieser und ich freue mich diebisch über meinen kleinen Streich. „Stell Dich nicht so an. Deine Mutter hat gesagt, ich soll Dich eincremen. Und das tue ich mein Sohn. Also sei standhaft und ertrage, was man mir befohlen hat.“ „Du kannst die Creme auch in der Hand vorwärmen“, gibt mir meine Liebste einen Tipp, den ich selbstverständlich nicht befolge. ..Sprüh…„Ah. Verdammt. …Papa hat’s schon wieder gemacht!“ flüchtet Noah jetzt wütend zu seiner Mama. Völlig unschuldig, mit treuen Hundeaugen blicke ich sie an. „Ich handele nur, wie mir befohlen, Madame. Ich meine, wir müssen schließlich fertig werden, da kann man nicht immer noch 5 Minuten Vorwärmen vor jedem Sprüher!“. „Alles muss man selbst machen! Pack die Badesachen in die Tasche. Ich übernehme das mit dem Cremen. Man kann dich nichts heißen!“, resigniert sie und sprüht Noah auf die Brust. „Mensch Mama!“. „Entschuldige mein Kind. War keine Absicht, ich hab mich nur gerade über deinen Vater aufgeregt!“. „Denk bloß nicht, dass ich Dich nachher eincreme mein Lieber!“, droht sie mir mit der erhobenen Sprühcreme, während Sie gewissenhaft Arme, Beine, Bauch, Rücken, Stirn, Nasenlöscher und PO-Ritze von unserem Kurzen mit der -jetzt vorgewärmten-  Creme zudeckt, so dass innerhalb kürzester Zeit ein kleiner Schneemann vor mir steht. „Sonnencreme brauch ich nicht. Ich werde immer schnell braun. Meine Haut kennt das aus den vierwöchigen Urlaubsreisen nach Südfrankreich mit meinen Eltern und meinen beiden Geschwistern. Damals haben wir uns als Kinder nie eingecremt. Der Sonnenbrand und die danach abziehbare Haut war ein von uns geliebtes Ritual. Ganz ehrlich. Ich glaube, damals gab’s noch keine Sonnencremes. Oder meine Eltern waren einfach zu naiv, oder hatten kein Geld. Was beides gut möglich war! Und? Lebe ich noch?“. „Die Haut vergisst nichts. Man sieht das an Deinen vielen Muttermalen. Mein Kind bekommt auf jeden Fall keinen Hautkrebs, nur weil es nicht von seinen Eltern eingecremt wurde!“. Ok die Argumentation zieht. Ich will ja auch nicht, dass unserem kleinen Liebling etwas Schlimmes widerfährt. Ich nehme mir also innerlich vor, das nächste Mal mehr zur Hautkrebsvorsorge meines Sohnes beizutragen, was ich nach außen natürlich nicht kundtue. Ich meine, vielleicht ändert sich meine Haltung diesbzgl. wieder, wenn ich eine unterkühlte Creme-Sprühflasche in der Hand halte…..

Sei’s drum, ich nehme also die kleine Stofftasche, die auf dem Sessel steht, packe mein Buch, meine Sonnenbrille und mein geliebtes aufblasbares Kopfkissen hinein und bin bereit zum Gehen. Da hält mich ihre Stimme auf. „Ich habe doch gesagt Du sollst die Badesachen packen!“. „Ähm, hab ich doch,“ und halte meine Stofftasche in die Höhe.“ „Die richtige Badetasche steht im Bad“, werde ich aufgeklärt. „Bitte pack auch unsere drei großen Badetücher, 2 Ersatzbadehosen für Dich und Noah, 3 Bikinis, 3 weitere Sonnencremes – für den Sonnenschutz vor-, nach- und während des Schwimmens ein. Vergiss nicht das Tablet und meine Lesebrille. Nimm zur Sicherheit, wenn das Poolwasser kalt ist, auch den Neoprenanzug für Noah mit. Ach ja, und das Bade T-Shirt falls die Sonne zu arg sticht. Ich brauche auch meinen Strohhut, wenn wir mal zum Strand gehen. Auf jeden Fall müssen die Badeschuhe für uns drei mit, falls wir auf den Felsen am Strand klettern. Mein Rock-Hüften Tuch brauche ich auch noch, um auf die Toilette zu gehen. Ich mag das nicht, wenn ich mit dem Bikini am Pool rumlaufen muss. Vielleicht sollten wir auch das Ladekabel mitnehmen, wenn das Tablet den Geist aufgibt. Hast Du auch die drei e-Book-Reader eingepackt und meinen 500 Seiten Buchroman. Außerdem würde ich gern in der neuesten Ausgabe der Brigitte noch die Promiseiten durchlesen. Und bitte nimm noch eine Flasche Wasser und 2 Coladosen aus der Minibar mit. Die Minibar wird tagsüber wieder aufgefüllt. Den Tipp hat mir die nette Frau Müller gegeben! Dazu noch die Packung Chips vom Esstisch, 3 Äpfel aus der Schale und eine Banane. Da ist Calcium drin. Das beugt Sonnenallergie vor. Vergiss auf keinen Fall die Filmkamera, falls Noah einen Köpfer macht.“ „Und ich brauch noch meine Taucherbrille, meine Schwimmflossen, den Schwimmreif. Und natürlich den Kaschi!“ ergänzt mein Kleiner den Auftrag, während ich die inzwischen drei vollgestopften bis zu 20 Kilo schweren Badetaschen wie ein Gewichtheber mit beiden Armen und stechendem Rücken hochlupfe. „Können wir jetzt?“ – ist mein verzweifelter Versuch weitere Ideen hinsichtlich notwendiger Badeutensilien abzublocken, während meine Arme wie auf einer Streckbank langgezogen werden. „Wir können“, lächelt meine Liebe und trottet mit Handtäschchen und meinen Kurzen aus dem Hotelzimmer. Ich folge gebückt und schweigend. Beim Schließen der Tür spricht mich der Gast, der gerade das Zimmer neben uns verlässt an. „Page. Können Sie bitte in 10 Minuten wiederkommen und meine Koffer runterbringen. Ich gehe derweil schon mal Auschecken“. „Selbstverständlich! Mein Herr. Aber bitte vergessen Sie nicht den alten türkischen Brauch!“, gebe ich ihm als Antwort. Er kennt den Brauch und steckt mir, da ich keine Hand frei habe, fünf Euro in die Hosentasche.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert